Trainspotters kommen zum Zug

Die DB Cargo wollte „aus Sicherheitsgründen“ keine näheren Informationen und Fahrpläne herausgeben, und der BGS, ebenfalls wortkarg, sollte einen reibungslosen Ablauf der Militärtransporte sicherstellen. So blieb den Wiesbadener „Trainspotters“ nichts anderes übrig, als auf eigene Faust zu ermitteln und die Panzerzüge vor Ort aufzuspüren. 

Am späten Dienstag nachmittag wurde am Bahnhof Wiesbaden-Ost ein langer Militärzug aus Wagen zusammengestellt, die zuvor am Airfield der US-Army beladen worden waren. Die Trainspotters waren mit eigenen Transparenten zur Stelle und brachten am abfahrbereiten Militärzug ein Transparent an. Wenig später setzte sich der Zug Richtung Antwerpen in Bewegung. Von dort soll die Fahrt per Schiff in Richtung Golf fortgesetzt werden.

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Unterdessen tun sich Lokalpresse und Kommunalpolitiker schwer damit, den Kriegsaufmarsch vor der eigenen Haustür überhaupt wahrzunehmen geschweige denn zu kritisieren. Die Bitte örtlicher Friedensaktivisten, bei einer Kundgebung gegen den Irak-Krieg von SPD, Grünen und Kirchen am 12. April in einem kurzen Redebeitrag auf die anstehenden Truppentransporte vor Ort hinzuweisen, war am Redeverbot durch die Veranstalter gescheitert.

In den 80er Jahren hatte die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung die Stadt zur „atomwaffenfreien Zone“ erklärt. Doch gegenüber der Forderung örtlicher Antikriegs-Aktivisten, die Landeshauptstadt müsse jetzt „kriegsaufmarschfreie Zone“ werden, stellten sich die Kommunalpolitiker taub. (23.4.03)

 


Von Hessen auf Schienen an den Golf - Militärzüge rollen weiter

Nach einer kurzen Pause über die Osterfeiertage wurden die Militärtransporte auf Schienen von Südhessen in Richtung Antwerpen und Rotterdam am Dienstag wieder fortgesetzt. Die in Südhessen stationierte 1. US-Panzerdivision läßt in diesen Tagen von verschiedenen Verladebahnhöfen in der Region aus Panzer, schwere Fahrzeuge, Munition und andere Ausrüstungsgegenstände über die Nordseehäfen Antwerpen und Rotterdam an den Golf transportieren. Unterdessen hat eine Sprecherin in der Mainzer DB Cargo-Zentrale auf Anfrage bestätigt, daß die DB-Tochter auch weiterhin Militärtransporte im Auftrag der US Army abwickeln werde. Da sie aber Einzelheiten „aus Sicherheitsgründen“ nicht nennen wollte, stellten Wiesbadener Aktivisten der „Trainspotters“, die sich seit Monaten in der Wiesbadener Initiative „Gewerkschafter und Jugend gegen den Krieg“ engagieren, eigene Ermittlungen an.

So beobachteten sie am Dienstag die Einfahrt eines Militärtransports der DB-Tochter DB Cargo am großen Güterbahnhof Bischofsheim in der Nähe der Rüsselsheimer Opelwerke. Nachdem dort BGS-Beamte in die Lok sowie in den direkt hinter der Lok befindlichen D-Zug-Wagen eingestiegen waren, setzte der Zug die Fahrt über Wiesbaden-Ost in Richtung Koblenz fort. Mit an Bord befanden sich 15 Abrahams-Panzer, darunter ein Bergepanzer, drei Mannschaftstransportwagen, drei Sanitäts-LKW sowie etliche Container mit Munition und diversem Kleingerät.

Am späten Nachmittag wurde am Bahnhof Wiesbaden-Ost ein weiterer Militärzug aus Wagen zusammengestellt, die zuvor am Airfield der US-Army beladen worden waren. Gegen 18 Uhr  protestierten die Trainspotters mit eigenen Transparenten an dem abfahrbereiten Militärzug. „Tödliche Fracht Hessen-Irak“ lautete der Text eines Transparents, das sie am Zug anbrachten.

Während die Deutsche Bahn aufgrund von „Rentabilitätsbrechnungen“ in den letzten Jahren zahlreiche Industriebetriebe gegen ihren Willen vom Schienennetz abgeschnitten und Nebenstrecken stillgelegt hat, achtet der Bund darauf, daß die Anbindung militärischer Anlagen an das Schienennetz weiterhin aufrecht erhalten wird – auch bei jahresdurchschnittlich geringer Auslastung. Auch in Zeiten „knapper Kassen“ werden die entsprechenden Gelder vom Bund der DB Netz zur Verfügung gestellt.

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Die Trainspotters hatten beim Ostermarsch in Mainz und Frankfurt und über Ostern direkt am US Airfield in Wiesbaden-Erbenheim gegen die Transporte protestiert und von der Bundesregierung und der bundeseigenen Deutschen Bahn den sofortigen Stopp dieser Kriegsbeihilfe gefordert. Vor allem seien jetzt aber die Bahn-Gewerkschaften gefordert, um einen effektiven Boykott dieser Transporte zu organisieren. „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“, so die Trainspotters.

„Alle reden vom Krieg – wie machen ihn möglich – DB Cargo“, so der Wortlaut eines Transparents in Anlehnung an den alten DB-Werbespruch „Alle reden vom Wetter – wir nicht“. „Wiesbaden-Bagdad zum halben Preis. Mit der DB PanzerCard. DB - Die BagdadBahn“, so der Text eines anderen Transparents.

Der Versuch, bei einer Kundgebung gegen den Irak-Krieg, zu der u.a. Organisationen wie SPD, Grüne und Kirchen für den 12. April aufgerufen hatten, in einem kurzen Redebeitrag auf die anstehenden Truppentransporte vor Ort hinzuweisen, war am Redeverbot durch die Veranstalter gescheitert.

„Mit dem Taxi zum Flughafen kommt oft teurer als mit der Bahn nach Bagdad.
Wiesbaden-Bagdad incl. Panzer und Munition nur 1000 Leben.
Neue Panzer – mit der Bahn. DB. Die BagdadBahn“, so ein alternativer Werbetext der „Trainspotters“.

(22.4.03)

Hans-Gerd Öfinger

Initiative „Jugend gegen den Krieg“ – Postfach 2112 – 65011 Wiesbaden – Tel./Fax 0611.406807

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