Ein Diskussionsbeitrag:
Krieg.
Was tun am Tag X - und danach?

Die Kriegsmaschinerie gegen den Irak läuft auf Hochtouren. In Bombenangriffen kommen jetzt in wenigen Tagen modernste Massenvernichtungswaffen mit einer bisher unvorstellbaren Zerstörungskraft zum Einsatz kommen. Wieder einmal führt die mit Abstand mächtigste Militärmacht der Welt einen Krieg gegen ein armes und geschundenes, am Boden liegendes Land und werden im Namen der Humanität Tausende getötet. Die Zivilbevölkerung ist Haupt-Leidtragende. Sie wird mit Hilfe der neuesten US-Waffensysteme dafür bestraft, dass sie in einem Land lebt, das so reich an Ölreserven ist und dessen Diktator in den 80er Jahren von den USA und anderen westlichen Regierungen bis an die Zähne bewaffnet wurde. Krieg ist Staatsterror.

Die Vorgänge der letzten Tage zeigen auch: Als Instrument zur Sicherung des Weltfriedens taugt die UNO nichts. Kein Vertrauen in die bürgerliche Diplomatie! Es rettet uns kein höhres Wesen. Wir können nur auf unsere eigene Kraft bauen.

Noch nie in der Geschichte wurde vor einem Angriffskrieg so viel gelogen und geheuchelt wie in den letzten Monaten. Noch nie zuvor haben aber auch so viele Menschen in aller Welt gegen einen Krieg demonstriert und sogar gestreikt wie in den letzten Wochen - noch bevor dieser Krieg wirklich begann. Statt ohnmächtig stundenlang TV-Sondersendungen mit mehr oder weniger klugen Kommentaren und Krokodilstränen und gefilterten und zensierten Nachrichten anzusehen - sollten wir zur Tat schreiten.

Tag X ist der Tag, an dem sich - in Stadt und Land - Menschen zu machtvollen Antikriegsdemonstrationen versammeln - meistens spätnachmittags zwischen 17 und 18 Uhr an einem zentralen Platz. Aber Tag X beginnt nicht erst um 17 oder 18 Uhr, sondern frühmorgens, mit dem Aufstehen. Es darf kein Tag des „Business as usual“ werden. Noch vor der großen Abenddemo kann, wer immer dazu in der Lage ist - Zeichen setzen: durch Mahnwachen, Spontan-Kundgebungen und Mobilisierung in den Stadtzentren, an Bahnhöfen oder Verkehrsknotenpunkten, durch Straßenblockaden, Anbringung von Plakaten und Transparenten an wichtigen und unübersehbaren Stellen, Autokorsos etc.

In Betrieb und Schule: Generalstreik!

In den letzten Tagen und Wochen wurde viel demonstriert, appelliert und unterschrieben (und auch gebetet). Reden ist Silber, Handeln ist Gold. Am 14. März sind europaweit in vielen Betrieben Arbeiter und Angestellte einem gewerkschaftlichen Aufruf gefolgt und haben - wenigestens für zehn Minuten - die Arbeit ruhen lassen. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Da die Kriegstreiber und hinter ihnen stehenden Herrschenden mit Appellen und Gebeten nicht umzustimmen sind, müssen wir jetzt eine härtere Gangart einlegen. Im Klartext gesprochen: Wir brauchen einen Generalstreik! Das muss die Antwort der Arbeiterbewegung und der Jugend in Schulen und Hochschulen auf den Krieg sein. Wo immer die Arbeit am Tag X aus Protest ruhen kann, sollte dies auch uneingeschränkt geschehen.

Aber ein Generalstreik fällt nicht vom Himmel. Er muß durch geduldige Überzeugungsarbeit vorbereitet und in die Wege geleitet werden. Wo dies nicht sofort reibungslos läuft, sollten wir Brücken in diese Richtung bauen. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

In Schulen und Betrieben, in Behörden, Büros oder Nachbarschaft sollten wir spätestens am „Tag X“ alle Menschen an Ort und Stelle zusammenrufen und Gedenk- und Mahnminuten für die zivilen Opfer des Krieges einlegen. Nach den Anschlägen des 11. September 2001 fanden bundesweit solche Mahnminuten statt, die von Arbeitgebern und Gewerkschaften gemeinsam getragen wurden. Die Opfer der Bombenangriffe auf Bagdad und anderswo sind ebenso Menschen, und daher sollten wir in allen Betrieben ihrer gedenken und frische Luft schnappen. Aber stilles Gedenken und Schweigen reichen nicht aus - und Minuten auch nicht. Aus Minuten müssen Stunden werden - in denen wir nicht schweigen, sondern den alltäglichen Lehrbetrieb und die alltägliche Produktion ruhen lassen. In Betrieb, Schule oder sonstwo sollten wir alle dort befindlichen Menschen „zusammentrommeln“, informieren, die Folgen des Krieges für unseren Alltag und unsere Zukunft besprechen. Und überlegen, wie wir diesen Wahnsinn stoppen können.

Arbeiter und Angestellte können den Betriebsrat aufsuchen und sich darüber informieren, wie der Krieg den eigenen Betriebsablauf berührt. Anknüpfungspunkte gibt es genügend: steigende Ölpreise, Wirtschaftskrise, Konsumflaute und Einbruch bei den Aufträgen gerade auch als Kriegsfolge, Verstrickung des eigenen Unternehmens in das Kriegsgeschehen, Folgen eines nationalen Notstands, Angst vor Terroranschlägen, Fremdenhass und die Folgen für den Betriebsablauf etc. Betriebsräte können außerordentliche Betriebsversammlungen einberufen und diese Themen auf die Tagesordnung setzen. Es soll auch schon mal vorgekommen sein, dass Betriebsversammlungen am Betriebstor oder außerhalb des Betriebsgeländes stattfinden. Betriebsräte können auch Sprechstunden abhalten oder einzelne Abteilungen informieren. Oder eine ganze Abteilung (insbesondere auch Beamte) sucht - einer nach dem anderen - den Werksarzt auf, weil ihr der Krieg bohrende Kopfschmerzen und außerordentliche Übelkeit bereitet. Einzelheiten können mit pfiffigen, der Gewerkschaft nahestehenden Rechtsanwälten (Linksanwälten) abgeklärt werden.

Arbeitslose können sich vor dem Arbeitsamt versammeln und über den Zusammenhang zwischen den anstehenden Kürzungen der Bezugsdauer des Arbeitslosengelder und der Finanzierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr reden.

Lehrer können den Lehrplan aus aktuellem Anlaß abändern. Sie können etwa das Thema Irak-Krieg von verschiedenen Aspekten aus beleuchten. In jedem Fach bieten sich dafür Anknüpfungspunkte:
Geografie (Landkarte des Mittleren Ostens, Bodenschätze, ethnische Gruppen), Religion (Fundamentalismus von Bush und Blair), Sprachen (Propagandasprache der Kriegstreiber), Mathematik (Hochrechnung der Kosten des Krieges), Naturwissenschaften (Umweltschäden, moderne Massenvernichtungswaffen), Gemeinschaftskunde (Was sagt das Grundgesetz zur Mitwirkung an einem  Angriffskrieg, Rolle der BRD in diesem Krieg), Geschichte (Propagandalügen früherer Kriege von Wilhelm II. bis Rudolf Scharping und Joseph Fischer und GW Bush) - um nur einige Beispiele zu nennen.

Besser noch wäre: in der Aula der Schule sollten alle Schüler(innen) zusammen kommen und gemeinsam verarbeiten, was da im Irak abgeht. Aus diesen Diskussionen heraus können dann auch die Schwankenden überzeugt werden, dass sie sich an Streiks und Demonstrationen gegen den Krieg beteiligen müssen.

Die Grundidee muss sein: Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, wenn die Kriegsmaschinerie des George W. Bush Menschenleben und Zivilisation im Irak zerstört und uns laufend Propagandalügen auftischt. Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will.

Bush hat viele Sympathisanten - auch in diesem Land

In örtlichen Aktionen müssen wir auch klarstellen: Bush hätte diesen Krieg ohne die Unterstützung und Duldung europäischer Politiker nicht so einfach führen können. Die „Friedensmächte“ haben Bush bis vor wenigen Wochen signalisiert, dass sie keinen ernsthaften Widerstand gegen den drohenden Krieg an den Tag legen würden. Erst in den letzten Wochen haben sie kalte Füße bekommen. Inwieweit sie jetzt bei einem konsequenten Nein bleiben oder nicht doch wieder sich bei der US-Regierung anbiedern werden, bleibt abzuwarten.

Die Sympathisanten von Bush und Co. sitzen überall in diesem Lande - in den Rathäusern, Landtagen, Landesregierungen, Chefetagen der Konzerne etc. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir durch Massenaktionen in Betrieb und Schule, auf den Straßen und Plätzen gerade vor diesen „heiligen Hallen“ deutlich machen: die sprechen nicht für uns!

Unsere Devise heißt: Solidarität von unten statt Bomben von oben. Der Sturz von Diktatoren und Herstellung von Lebensverhältnissen ohne wirtschaftliche Ausbeutung und politische/militärische Unterdrückung kann nur das Werk der Bevölkerung der betroffenen Bevölkerung selbst sein.

Keinesfalls jedoch das Werk einer Supermacht USA, die Saddam vor 20 Jahren für den Krieg gegen den Iran erst so richtig hochgerüstet hat und die jetzt eine widerspenstige Diktatur durch eine andere US-hörige Diktatur ersetzen will.

Bundeswehr sofort abziehen!

An die Adresse der Bundesregierung fordern wir: sofortigen Abzug aller Truppen aus dem Nahen und Mittleren Osten. Keine indirekte Beihilfe für die Kriegsführung durch Spürpanzer, AWACS-Flüge, Sanitätsflugzeuge für verletzte US-Soldaten oder dadurch, dass die Bundeswehr etwa in Afghanistan den USA den Rücken freihält oder in Deutschland US-Kasernen bewacht. Keine Hilfe für den NATO-Partner Türkei, denn die herrschenden Kreise der Türkei haben in diesem Krieg eigene Ambitionen: Zugriff auf die Ölfelder im kurdischen Nord-Irak und Verhinderung eines Kurden-Staates.

Wir brauchen eine lückenlose Aufklärung und Offenlegung aller Rüstungsgeschäfte bundesdeutscher Firmen. Wir wollen wissen, welche Firmen in den 80er und 90er Jahren Kriegsmaterial an den Irak und andere Regimes geliefert und davon profitiert haben. Wir fordern die entschädigungslose Enteignung der Kriegsgewinnler. Diese Gelder sollten in voller Höhe sofort für Bildung und Soziales eingesetzt werden.

Der Frieden ist bei diesen Herrschenden nicht in sicheren Händen! Nehmt ihnen die Welt aus der Hand!

Stopp aller kriegsrelevanten Transporte durch gewerkschaftliche Aktionen! Transportarbeiter in Häfen, Eisenbahnen und auf der Straße sollten dem Beispiel zweier schottischer Lokführer folgen und koordiniert mit voller Rückendeckung der Gewerkschaften den Transport von Kriegsgütern verweigern!

Kein Abbau demokratischer Rechte! Auflösung der Geheimdienste und Offenlegung der Mitwirkung deutscher Geheimdienste wie des Bundesnachrichtendienstes an der Aufrüstung des Irak in den 80er Jahren.

Der Krieg ist in jeder Hinsicht sehr lehrreich. Räumen wir auf mit Illusionen in die sogenannte „Demokratie“! In Spanien, Großbritannien und Italien handeln Regierungen gegen den erklärten Willen des eigenen Volkes. Profit und Machtinteressen zählen, der Wille der Menschen in einer entscheidenden Frage wie „Krieg oder Frieden“ zählt nicht. Kein Vertrauen in die Manöver und Diplomatie der herrschenden Klasse. Kein Vertrauen in Chiracs Frankreich oder andere “Friedensmächte“. Ihnen geht es um eigene Macht- und Profitinteressen, nicht um die Menschen im Irak.

Kapitalismus bedeutet Krieg. Nicht einzelne Personen sind das Hauptproblem, sondern die materiellen Interessen und die rücksichtslose Durchsetzung dieser Interessen durch die herrschende Klasse. Wenn sie uns am Leben lassen, so dürfen wir dafür finanziell bluten. Die Einschnitte für abhängig Beschäftigte, speziell Arbeitslose oder Kranke (nicht etwa für Vermögende, Millionäre oder Unternehmer), die Gerhard Schröder in seiner Rede am 14. März angekündigt hat, sind auch ein „Notopfer“ der kleinen Leute für die Aufrüstung und die kostspielige weitere Umrüstung der Bundeswehr für Einsatz in aller Welt.

Unser Einsatz gegen den imperialistischen Krieg ist untrennbar verbunden mit dem Engagement für eine andere Welt, eine Abschaffung der kapitalistischen Klassenherrschaft und eine weltweite sozialistische Demokratie. Denn der Kapitalismus tötet nicht erst im Krieg, sondern schon längst im „Frieden“. Erst wenn die arbeitenden Menschen und unterdrückten Völker der Erde ihr Schicksal frei von Unterdrückung und Ausbeutung in die eigene Hand nehmen können, werden Kriege der Vergangenheit angehören.

  • Gegen diesen kriminellen Angriffskrieg!

  • Bundeswehr raus aus der Golfregion!

  • Keinen Cent, keinen Soldaten, keine Kugel für diesen imperialistischen Golfkrieg! Nein zum Rüstungswahn! Statt dessen fordern wir: ein sinnvolles Programm öffentlicher Arbeiten: mehr Ausgaben für Wohnungsbau, Schulen, Krankenhäuser und Altersversorgung!

  • Für die sofortige Verstaatlichung der Rüstungsindustrie und die Beschlagnahmung der Profite der Rüstungsproduzenten.

  • Für eine staatlich geplante Wirtschaft unter demokratischer Verwaltung und Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung.

  • Gegen Imperialismus und Kapitalismus!

Hans-Gerd Öfinger

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