Nur 25 statt 1250
Euro Im Juli mussten das Ordnungsamt und
Ordnungsdezernent Peter Grella (CDU) kräftig zurückrudern. Die Stadt hatte plötzlich
entdeckt, dass sie für Bannmeilenverstöße überhaupt nicht zuständig ist, sondern das
Hessische Innenministerium. Das Ordnungsamt leitete den "Fall Oefinger" ans
Ministerium weiter. Das hielt nun 25 Euro Verwarnung für ausreichend. Oefinger ist sich nach wie vor keiner
Schuld bewusst, will aber, wie er mitteilt, "erhobenen Hauptes" zahlen, um der
Öffentlichkeit einen langen Rechtsstreit zu ersparen. Den Ausgang der Sache wertet er als
Ohrfeige für das Wiesbadener Ordnungsamt, das mit seinen 1250 Euro Geldbuße an ihm ein
Exempel habe statuieren wollen. Mit der Zahlung des Verwarnungsgeldes ist für Oefinger und seinen Anwalt die Angelegenheit allerdings nicht erledigt. Sie machen gegen die Stadt und den Ordnungsamtsleiter Schadensersatzansprüche wegen der "unzulässigen Einleitung eines Bußgeldverfahrens" geltend. mt Pressemitteilung D Rechtlich gesehen sind wir
immer noch der Auffassung, dass das Verfahren auch ohne Zahlung eines Verwarnungsgeldes
hätte eingestellt werden müssen, nicht zuletzt wegen der für verfassungswidrig
gehaltenen Vorschriften über das grundsätzliche Demonstrationsverbot innerhalb der
Bannmeile. Aus verfahrensökonomischen Gründen und weil es wichtigeres zu
tun gibt, haben wir jedoch von der Weiterbetreibung des Verfahrens über mehrere
Instanzen Abstand genommen. Wir sind sicher, dass ein Verfahren erst gar nicht eingeleitet
worden wäre, wenn die Sache gleich von dem sachlich zuständigen Innenministerium
bearbeitet worden wäre. Für das Ordnungsamt der Landeshauptstadt Wiesbaden und dessen
Leiter ist das Verfahrensergebnis eine schallende Ohrfeige. Man hat von dort aus ein
Bußgeld von 1.250,00 angedroht und presseöffentlich erklärt, es würde Herrn
Oefinger gar nichts helfen, wenn er hiergegen angehen wolle. Gar als
"moderat" wurde die Bußgeldhöhe
bezeichnet. Nicht abgeschlossen durch
die Zahlung des Verwarnungsgeldes ist das Verfahren gegen die Landeshauptstadt
Wiesbaden und den Amtsleiter des Ordnungsamtes. Hier stehen unverändert die
Schadensersatzansprüche wegen der unzulässigen Einleitung des Bußgeldverfahrens
im Raum. Weiterhin wurde von der Stadt und dem Amtsleiter des Ordnungsamtes ein Widerruf
und eine Entschuldigung für seine presseöffentlichen falschen und ehrenrührigen
Äußerungen verlangt. Die Redakteurin der Tageszeitung hat ausdrücklich, uns
schriftlich vorliegend, die wörtlichen Äußerungen des Amtsleiters bestätigt, die
sie in Ihrem Bericht vom 05.06.2003 wiedergegeben hat. Hiernach wurde u.a. erklärt: "Herr Oefinger hat die
Spontandemonstration bewusst in die Bannmeile reingeführt.......... Warum macht er jetzt,
gelinde gesagt, so einen Scheiß?!.... Das hilft ihm nichts."
Seitens der Landeshauptstadt Wiesbaden will man sich nach Ende der
Urlaubszeit abschließend äußern. In einer vorläufigen Stellungnahme gibt es schon
seitens des Amtsleiters ein erstes Bedauern, das Stadtrat Grella mitgeteilt hat.
Danach habe laut Amtsleiter Pohlenz gar keine Veranlassung bestanden, die in der
Presse dargestellten Sachverhalte zu unterstellen. Er sei aus dem Zusammenhang
gerissen und auch falsch zitiert worden. Anliegend
erhalten Sie noch das Schreiben vom heutigen Tage an das Innenministerium, aus
dem Näheres über das Verwarnungsgeld von 25,00 zu entnehmen ist. Schreiben an das
Innenministerium: Sehr geehrter Herr
Sievers, in obiger Sache haben Sie
entschieden, die Angelegenheit als erledigt anzusehen, wenn mein Mandant innerhalb
der - verlängerten - Frist bis zum 18.08.2003 ein sog. Verwarnungsgeld in Höhe von 25,00
überweist. Damit haben Sie nach den zugrunde liegenden Vorschriften des
Ordnungswidrigkeitsgesetzes (§§ 56, 57) zum Ausdruck gebracht, dass Sie die vorgeworfene
Ordnungswidrigkeit an sich schon als geringfügig einstufen, ohne dass im Einzelnen noch
festgestellt worden ist bzw. werden müsste, ob und in welchem Umfang mein Mandant im
Wege eines "schuldhaften" Verhaltens (Vorsatz oder Fahrlässigkeit)
verantwortlich gemacht werden kann. Mit den nachfolgenden
Ausführungen soll nochmals, zunächst unter Bezugnahme auf die umfangreichen Sach-
und Rechtsausführungen vom 26.05.2003, dargelegt werden, dass meinem Mandanten der
Vorwurf eines ordnungswidrigen Verhaltens nicht entgegengehalten werden kann. Nichtsdestotrotz hat sich
mein Mandant - ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - dazu
entschieden, das Verwarnungsgeld von 25,00 fristgerecht zu bezahlen. Er ist der
Auffassung, dass es in jeder Beziehung unverhältnismäßig wäre, bei einem solchen
Geldbetrag durch Nichtzahlung des Verwarnungsgeldes ein förmliches
Bußgeldverfahren mit Gerichtsverhandlungen über mehrere Instanzen hinweg
durchzuführen. Mein Mandant sieht
vielmehr durch das jetzige Verwarnungsgeld von 25,00 gegenüber dem vom Ordnungsamt
der Landeshauptstadt Wiesbaden angedrohten Bußgeld von 1.250,00 eben diese
Behörde als bestraft genug an und ist sich sicher, dass ihr zuständiges Ministerium,
wenn es mit dem Vorgang von Anfang an befasst gewesen wäre, überhaupt kein Verfahren
eingeleitet hätte. Das Verwarnungsgeld ist daher mehr oder weniger symbolisch zu
betrachten vor dem Hintergrund, dass nun einmal ein Verfahren durch die unzuständige
Landeshauptstadt Wiesbaden angefangen worden ist. In dieser Auffassung sieht
sich mein Mandant auch dadurch bestärkt,
dass Sie zum Ausdruck gebracht haben, dass Sie das geringe Verwarnungsgeld von 25,00
auch nur deswegen verhängt haben, weil Sie meinen Mandanten als
hervorgehobenen Versammlungsteilnehmer ansehen (Bereitstellung eines PKWs mit
Lautsprecher). Damit bringen Sie deutlich zum Ausdruck, dass Sie gegenüber den
anwesenden Schülerinnen und Schülern, selbst wenn diese namentlich bekannt wären,
kein Verwarnungsgeld verhängen würden. An dieser Ihrer Feststellung ist zum einen zu
begrüßen, dass Sie auch insoweit die falsche Tatsachenbehauptung des Leiters
des Ordnungsamtes der Landeshauptstadt Wiesbaden, wonach mein Mandant Leiter der
Versammlung gewesen sein soll und der die Schülerinnen und Schüler bewusst in die
Bannmeile geführt haben soll, nicht teilen und den Tatsachen entsprechend meinen
Mandanten ausschließlich als normalen Versammlungsteilnehmer ansehen. Dann aber - und
insoweit - kann Ihren Ausführungen nicht zugestimmt werden, hätte mein Mandant aber im
Rahmen der Gleichbehandlung mit den Schülerinnen und Schülern als "normaler"
Versammlungsteilnehmer ebenfalls von einem Verwarnungsgeld verschont bleiben
müssen. Denn, wie soll definiert werden, wer ein hervorgehobener
Versammlungsteilnehmer war und welche Konsequenzen dies haben soll? Soll etwa
jemand, der ein Plakat oder Transparent bei sich hat, 10,00 bezahlen, ein
anderer der ein Megafon umhängen hat, 15,00 etc.? Auch in Ihrer juristischen
Bewertung, kann ich Ihnen nicht zustimmen. Einerseits führen Sie aus, dass bei
Spontanversammlungen durchaus auch kurzfristig eine Ausnahmegenehmigung vom
Versammlungsverbot in der Bannmeile erreicht werden kann. Sie meinen aber, eine dann
erteilte Genehmigung würde erst ab Genehmigungserteilung und nicht
rückwirkend gelten. Diesen Ausführungen kann in Anbetracht der hohen Bedeutung des
Grundrechts der Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerungsfreiheit nicht
zugestimmt werden. Bekanntlich hatte ich geltend gemacht, dass über die anwesenden
Polizeibeamten bei entsprechenden Hinweisen eine Ausnahmegenehmigung telefonisch
beantragt worden wäre. Im übrigen hatte ich
bereits in meinem Schreiben vom 26.05.2003 darauf hingewiesen, dass das
Bundesverfassungsgericht bei Spontanversammlungen wegen des Charakters derselben per
se Anmeldevorschriften etc. für nicht
anwendbar hält (vgl. BVerfGE 69, 315, 350). Im Kern - und das zeigt
dieses Verfahren ganz deutlich - ist allein für die Zukunft eine parlamentarische
Klärung auf politischer Ebene dahin gehend geboten, dass das grundsätzliche Verbot von
Versammlung in der Bannmeile aufgehoben wird. Dies wird bekanntlich von namhaften Juristen
in Anbetracht des Grundrechts der Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit schon
lange gefordert. In dem einen bereits zitierten Kommentar von Ridder u.a. heißt es
hierzu unter § 16 Rn 9: "Mit dieser Prognose,
Versammlungen per se für gefährlich zu erklären, wird eine Traditionslinie zum
obrigkeitsstaatlichen Denken des 19. Jahrhunderts beschworen, dem die Erörterung
öffentlicher Angelegenheiten - und geschah dies in noch so friedfertiger Weise - als
generell gefährlich für die öffentliche Ordnung galt." Mit freundlichem Gruß Initiative Jugend gegen den Krieg Postfach 2112 65011 Wiesbaden Tel./Fax 0611.406807 |
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