Unser erstes Flugblatt vom 20. September 2001:

Initiative „Gewerkschafter(innen) und Jugend gegen den Krieg“

Solidarität mit den Opfern - Nein zu Terror, Krieg und Fremdenhass
Kein Abbau demokratischer Rechte!


Auch nach einer Woche sind viele Menschen in den USA und in aller Welt immer noch entsetzt und fassungslos über den grausamen Anschlag auf das World Trade Center und das Pentagon. In aller Welt erlebten Fernsehzuschauer fast live den Tod von Tausenden hilfloser Menschen. Es waren vor allem arbeitende Menschen - Büroangestellte, Hausmeister, Boten, Feuerwehrleute und Rettungssanitäter - die dem Anschlag zum Opfer fielen. So waren es gerade auch viele Feuerwehrleute, die in der Bundesrepublik Deutschland und anderen Ländern an Schweigemärschen und Trauerveranstaltungen teilnahmen. Unsere Solidarität gilt den Opfern dieses Verbrechen, ihren Familien und allen, die um sie trauern.

Nein zum individuellen und staatlichen Terror

Dieses mit äußerster Professionalität geplante und durchgeführte Verbrechen hat fatale Auswirkungen. Auch wenn Menschen in Ländern der sogenannten „Dritten Welt“, für die die militärische Vorherrschaft der USA und der Druck des Finanzkapitals nur Not und Elend gebracht hat, den gezielten Schlag auf das World Trade Center und Pentagon anders sehen als die meisten Europäer oder Amerikaner: ihre Not wird durch diesen Schlag nicht gelindert. Im Gegenteil. Der Anschlag bietet Vorwand und Anlaß für eine neue Spirale der Gewalt. Erste Leidtragende werden die Menschen im Nahen Osten sein - in Afghanistan und anderswo.

Die Anschläge des 11. September waren über Satellit in jedem Wohnzimmer „hautnah“ mitzuerleben. Sie sind einzigartig, weil etwas in dieser Größenordnung auf US-amerikanischem Boden noch nicht stattgefunden hat. Vergessen wir indes nicht die Opfer anderer individueller und staatlicher Terrorakte und Bürgerkriege der letzten Jahre - auf dem Balkan, in Zentralafrika, die vielen unschuldigen Opfer der US-Bombardements gegen Jugoslawien, Irak, Libyen, Sudan, die Opfer von Hungersnöten und Krankheiten, die sich keine Medikamente leisten konnten...

 

Nein zu Militäraktionen von USA, NATO und Bundeswehr.
Es ist zu viel Blut geflossen.

Der 11. September ist Ausgangspunkt für eine neue gefährliche Spirale von Gewalt und Blutvergießen. Dieser Anschlag bewirkt, dass jetzt die erdrückende Mehrheit der US-Bevölkerung und auch viele Europäer Militäraktionen der NATO unterstützen. Der Bundestag hat am 19. September grünes Licht für eine deutsche Beteiligung an Kriegshandlungen gegeben. Nun droht ein (völkerrechts- und grundgesetzwidriger) Angriffskrieg.

Wir sagen Nein, denn ...

·     Den herrschenden Kreisen der USA geht es nicht um Freiheit und Demokratie, sondern um wirtschaftliche und strategische Interessen, um Ölquellen und Pipelines, um Einfluss-Sphären und Vorherrschaft speziell in der Nahost-Region.

·     Bei einem Angriffskrieg gegen Länder der Nahost-Region würden wieder viele tausend unschuldiger Zivilisten getötet - im Namen von „Freiheit und Democracy“. Vergessen wir nicht die Blutspur, die speziell Militär und Geheimdienste der USA in den letzten Jahrzehnten zurückgelassen haben - von  Hiroshima über Vietnam und Chile bis heute. Diktaturen wie Shah Reza Pahlewi im Iran, Pinochet in Chile, Saddam Hussein im Irak und Suharto in Indonesien kamen mit US-Hilfe an die Macht und konnten auf amerikanische Unterstützung zählen, solange dies den wirtschaftlichen und strategischen Interessen entsprach. Wir lehnen staatlichen Terror ebenso ab wie individuellen Terror.

·     Es ist allgemein bekannt, dass Osama Bin Laden wie auch die Taliban Geschöpfe der CIA sind und als „Widerstandskämpfer“ gegen ein pro-sowjetisches Regime in Afghanistan von den USA und dem pakistanischen Geheimdienst finanziert und bewaffnet wurden. Sollten sie tatsächlich irgendetwas mit den Anschlägen vom 11. September zu tun haben (das ist bislang noch nicht eindeutig erwiesen), so wäre „bedingungslose Solidarität“ mit einem Vergeltungsschlag der USA ein Blankoscheck ausgerechnet für diejenigen, die uns das ganze Schlammassel gebracht haben. Es ist so auch zutiefst heuchlerisch und eine Beleidigung von zwei Dritteln der Menschheit, vom Kampf „Zivilisation gegen Barbarei“ zu sprechen.

·     Militäraktionen gegen Länder der Nahostregion könnten gefährliche Kettenreaktionen auslösen. Dabei haben gerade die US-Militäraktionen der letzten Jahre - ob Irak oder Jugoslawien oder Sudan - kein einziges Problem lösen können, sondern im Gegenteil neue Probleme geschaffen.

Kein Abbau demokratischer Rechte!  Keine Fremdenfeindlichkeit!

Noch sind wir in Deutschland nicht im Kriegszustand, doch schon wirft ein künftiger Krieg seine innenpolitischen Schatten voraus. Die Hetze gegen Immigrant(inn)en aus islamischen und arabischen Ländern hat schlagartig in Deutschland zugenommen. „Moslemisch“ aussehende Menschen fühlen sich plötzlich Anfeindungen ausgesetzt. In Schulklassen kam es zu schmerzhaften Beschimpfungen türkischer, iranischer oder arabischer Schüler(innen). Rechte und reaktionäre Forderungen zum Abbau demokratischer Rechte und zur Verschärfung des Ausländerrechts kommen jetzt am laufenden Band. Unkontrollierbare Geheimdienste werden gestärkt. Im Kriegsfall würden durch Sondervollmachten und Notstandsgesetze die demokratischen Rechte systematisch eingeschränkt. Mit der Propagandawelle der letzten Tage sollen Kritiker des globalisierten Kapitalismus mundtot gemacht werden.

Zur nachhaltigen Bekämpfung des Terrorismus taugen diejenigen, die Osama Bin Laden aufgebaut, finanziert und bewaffnet haben, am allerwenigsten. Woher kommt denn überhaupt der Hass auf die USA als wirtschaftliche und militärische Supermacht? Bedeutet Kapitalismus für weite Teile der Menschheit nicht schon seit Jahrzehnten Hunger, Armut und Unterdrückung? Nachhaltige Bekämpfung des Terrorismus heisst Schaffung einer nicht auf Profit orientierten Weltwirtschaftsordnung. Lassen wir uns nicht in einen Krieg hineinziehen, der nur sehr viele Verlierer kennen wird. Es ist für den privaten Profit schon zu viel Blut geflossen.

Wir rufen zur Teilnahme am Anti-Kriegs-Protest in Wiesbaden auf:

·                            Jeden Donnerstag um 18 Uhr auf dem Mauritiusplatz.